wba-Definition erwachsenenbildnerischer Praxis

als Arbeitsinstrument für die Anerkennungsarbeit des Akkreditierungsrats

Die Erwachsenenbildung (synonym: Weiterbildung) umfasst alle Formen des formalen, non-formalen und ergebnisorientierten informellen Lernens durch Erwachsene nach Beendigung einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase unabhängig von dem in diesem Prozess erreichten Niveau.

Als Praxis der Erwachsenenbildung anerkennt die wba:

  • Lehren/Gruppenleitung/Training: Darunter versteht die wba im weiteren Sinne alle pädagogischen Tätigkeiten in einem intendierten, organisierten und von pädagogischen Grundsätzen geleiteten Bildungsprozess, der sich an Erwachsene richtet. Darunter fallen auch alle Tätigkeiten, die den Prozess des selbstgesteuerten und informellen Lernens der Menschen ergebnisorientiert und professionell unterstützen.
  • Bildungsmanagement: Darunter versteht die wba alle Tätigkeiten, die sich planend und gestaltend mit Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Folgen der Bildung von Erwachsenen beschäftigen (z.B. Programmmanagement, Qualitätsmanagement, Projektmanagement, Evaluation).
  • Beratung: Darunter versteht die wba strukturierte Tätigkeiten, die den Bildungsprozess von Menschen unterstützen. In der Beratung wird der Mensch als Expert:in für ihr/sein eigenes Erleben angesehen. Beratung ist deshalb eine zieldienliche prozesshafte Kooperation zwischen Berater:in und Klient:innen, um eine persönlich empfundene Soll-Ist-Diskrepanz in Bildungsfragen im weitesten Sinne zu bearbeiten bzw. zu reduzieren.
    (Hier kommen Sie zur Beratungsdefinition der wba.)
  • Bibliothekswesen: Darunter versteht die wba alle Bildungsaktivitäten mit und für Erwachsene in Bibliotheken, Archiven und in Servicestellen des Informationswesens.

Als Ziele von Prozessen der Erwachsenenbildung anerkennt die wba:

  • Kompetenzerwerb: Erweiterung, Ergänzung und Entwicklung von Wissen und Fähigkeiten in allen Lebensbereichen
  • Persönlichkeitsentwicklung: Stärkung von Reflexion, Wahrnehmung und Selbstbewusstsein sowie sozialer und individualer Kompetenzen
  • Beschäftigungsfähigkeit: Erwerb beruflich relevanter Kompetenzen und Qualifikationen
  • Menschenbildung: Persönliche Entwicklung ethischer, moralischer und humaner Grundsätze in Auseinandersetzung mit Werten und Erfahrungen
  • Gesellschaftliche Teilhabe: Fähigkeit zur kritischen Meinungsbildung sowie zu einer aktiven Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen nach demokratischen Prinzipien.

Als Orte der erwachsenenbildnerischen Praxis anerkennt die wba alle Organisationsformen (Vereine, Unternehmen, Institutionen, koordinierende Organisationen von Netzwerken und Kooperationen), die Erwachsenenbildung/Weiterbildung im Sinne der oben genannten Definition anbieten. Insbesondere zählen dazu Einrichtungen der Erwachsenenbildung (z.B. der KEBÖ - Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs), Weiterbildungsabteilungen von Betrieben sowie Organisationen (oder Abteilungen), zu deren Aufgaben und Tätigkeiten hauptsächlich Erwachsenenbildung gehört.

Die Organisationen der Erwachsenenbildung (Bildungsanbieter, innerbetriebliche und überbetriebliche Schulungseinrichtungen, Einzelunternehmen, Betriebe, öffentliche Einrichtungen, berufsintegrative Einrichtungen etc.) haben eine Rechtsform und achten ethische und demokratische Prinzipien sowie pädagogische Grundsätze.

Erläuterungen zur Definition:

Ethische und demokratische Prinzipien sind im Verständnis der wba:

  • Die Einrichtungen achten die Mündigkeit und Eigenverantwortung der Lernenden.
  • In der Bildungsarbeit werden die demokratischen Grundrechte sowie die individuellen und kulturellen Voraussetzungen der Lernenden respektiert.
  • Die Teilnahme bzw. das Lernen erfolgt eigenverantwortlich; die Lernenden werden als implizit oder explizit mitgestaltende Akteur:innen des Prozesses verstanden.
  • Alle mit Bildungsprozessen von Erwachsenen befassten Personen achten die Prinzipien der Emanzipation, der Inklusion und der Gleichberechtigung.

Pädagogische Grundsätze der Erwachsenenbildung sind im Verständnis der wba:

  • Teilnehmer:innen-Orientierung: Themen, Inhalte, Lern- und Beratungsziele orientieren sich an den Bedürfnissen und Interessen der Teilnehmer:innen; Methodik, Methoden und Settings sind für die Teilnehmer:innen geeignet; Lern- und Beratungszeiten sind so organisiert, dass maximale Zugangsmöglichkeiten und Partizipation möglich sind.
  • Partizipation: Die Bildungsangebote ermöglichen und fördern die aktive Beteiligung und Partizipation der Teilnehmer:innen, auch an der Gestaltung einer Lern- und Beratungsaktivität im Laufe des Prozesses in Bezug auf Ziele, Inhalte und Methodik.
  • Erwachsenenbildner:innen stellen mit den Teilnehmer:innen ein Einvernehmen in Bezug auf Lern- und Beratungsziele, Inhalt und Methodik her.
  • Transparenz: Ziele, Methodik, erwartete Bildungsprozesse sowie Bewertungs- und Evaluierungsprozesse sind explizit, den Teilnehmer:innen bekannt und werden von diesen auch angenommen.
  • Vertraulichkeit: Alles, was in einer Bildungsaktivität geschieht (einschließlich der Evaluierung), ist grundsätzlich vertraulich und wird gegebenenfalls nur anonymisiert bzw. mit Einverständnis der Betroffenen an Dritte, die nicht unmittelbar am jeweiligen Lernprozess beteiligt sind, weitergegeben.
  • Freiwilligkeit: Die Teilnahme an einer Bildungsaktivität erfolgt in der Regel freiwillig. Dennoch können innerhalb einer Bildungsaktivität Bedingungen in Bezug auf die Teilnahme vorgegeben werden, z.B. Absolvierung an Modul A als Voraussetzung für Modul B.

(Teilnehmer:innen sind im Verständnis der wba neben Teilnehmer:innen an Bildungsaktivitäten auch Klient:innen bzw. Kund:innen in den Bereichen Beratung und Bibliothekswesen.)

Nicht anerkannt werden von der wba alle Tätigkeiten, welche die zuvor genannten Kriterien nicht erfüllen.

Das Vermitteln von Esoterik und andere Formen von Dienstleistungen mit esoterischen Inhalten etwa zählen nicht als erwachsenenbildnerische Tätigkeit im Sinne der wba. Dies gilt auch für medizinische, psychologische und psychotherapeutische Interventionen und/oder Diagnosegespräche sowie für das Durchführen von Aktivitäten/Angeboten rund um Kund:innen- und Mitgliederwerbung.

Ausgeschlossen von der Anerkennung als erwachsenenbildnerische Tätigkeiten sind in der wba zudem beispielweise: (private) Nachhilfe; Verkaufsveranstaltungen, die gegebenenfalls auch Bildungsinhalte aufweisen; das Abhalten von Elternabenden und Elternsprechtagen an Kindergärten und Schulen; psychologische, physio- und psychotherapeutische Beratung, Therapie und Diagnostik; Ernährungsberatung; esoterische Dienstleistungen (astrologische Beratung, schamanische Gruppenrituale etc.); Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigungen, Kranken, Jugendlichen im Sinne der Aufsichtspflicht; Altenpflege etc.

Zur Abgrenzung von Erwachsenenbildung im Unterschied zu Therapie/Freizeit/Gesundheit/Esoterik siehe auch Grundvoraussetzungen von Ö-Cert: https://oe-cert.at/media/leitfaden.pdf (Seite 16 ff.).

Über die Anerkennung von Tätigkeiten als erwachsenenbildnerische Praxis entscheidet im Zweifelsfall der Akkreditierungsrat.

Stand: 27.03.2019

Erwachsenenbildungsdefinition

Mit der Weiterbildungsakademie und ihren Qualifikationsprofilen haben wir einen Bezugsrahmen, der die Kompetenzen von Erwachsenenbildner:innen konkret benennt und eine sehr gut brauchbare Grundlage für qualitätsvolle Bildungsarbeit und Personalentwicklung ist.

Dr. Gerhard Bisovsky

Generalsekretär des Verbands Österreichischer Volkshochschulen von 2012-2022